
Weiter geht es in Cheyennes Welt
Blogeintrag #3
Mann ey, Blog-Schreiben ist voll anstrengend. Irgendwie kann ich das voll nicht. Keine Ahnung, wie Lotta das immer hinkriegt mit ihrem Tagebuch. Ich hab für sowas gar keine Zeit. Weil, es gibt ja ständig was zu tun. Schließlich haben wir ja gerade Weihnachtszeit. Und da muss man Kekse essen und Wunschzettel schreiben und darauf aufpassen, dass nicht das ganze Zimmer abfackelt, bloß weil man mal ne Kerze anmacht.
„Boah, Mami hat krass rumgeschrien gestern“, hab ich meiner besten Freundin Lotta heute auf dem Schulweg erzählt. „Dabei war das ja nur aus Versehen.“
„Ja, aber wahrscheinlich hat sie voll den Schreck gekriegt“, hat Lotta gesagt. „Sonst schreit deine Mami ja nie rum.“ Und da hatte sie wohl recht.
Ich hab nämlich auch den Mega-Schreck gekriegt, als die Gardinen in meinem Zimmer mit einem Mal gebrannt haben. Natürlich hab ich „Hilfe!“ gekreischt und dann ist Mami reingekommen und hat die Dinger runtergerissen und ist dadrauf rumgetrampelt und als das Feuer dann aus war, hat sie geschrien: „Das darf ja wohl nicht wahr sein! Willst du uns alle umbringen, oder willst du unbedingt neue Gardinen zu Weihnachten?“, und da hab ich gesagt, dass die alten sowieso hässlich waren und ich lieber ein Rollo kriegen würde und da hat sie noch mehr rumgeschimpft und ist rausgelaufen.
„Dabei will ich gar kein Rollo zu Weihnachten“, hab ich Lotta erklärt. „Logisch, oder? Weil, das ist ja wohl das blödeste Geschenk der Welt. Ich will lieber einen Schminktisch haben, so einen mit Licht … oder einen Taschendrucker, mit dem man Sticker ausdrucken kann … oder neue Winterstiefel … Ich hab in der Stadt voll die coolen gesehen, in Türkis …“
Aber dann hab ich aufgehört zu reden und nur geseufzt. Weil ich ja weiß, dass Mami nicht so viel Geld hat. Schließlich muss meine Schwester Chanell auch noch was kriegen. Und Mamis Freund Otmar.
Lotta hat auch geseufzt. „Ich wünsch mir bloß meinen Anton“, hat sie dann gemurmelt.
Und da hab ich erst mal nichts mehr gesagt. Es ist nämlich echt total schlimm, dass Lottas Lieblingshund immer noch im Tierheim leben muss, bloß weil ihre Eltern keinen Hund haben wollen. Dabei ist Anton doch wirklich ihr allergrößter Wunsch – und dafür ist Weihnachten ja wohl da, oder? Für allergrößte Wünsche!
„Vielleicht kriegst du ihn ja dieses Mal“, hab ich gesagt, aber Lotta hat bloß irgendwie so traurig geguckt. Und da wusste ich: Ich muss sie unbedingt wieder froh machen!
Zum Glück ist mir sofort was Cooles eingefallen. Nämlich: Wir besuchen Anton heute Nachmittag im Tierheim! Und zwar mit Hundespielzeug und Hundekeksen und natürlich kommt mein Kalle auch mit. Und dann feiern wir ein richtiges Hundeweihnachten!
Es ist so megakrasscool, dass ich einen eigenen Hund hab! Also, fast jedenfalls. Denn leider wohnt mein süßer, strubbeliger Kalle ja bei Omaramona, weil bei uns zu Hause nicht genug Platz ist. Und deshalb gehört er ein klitzekleines bisschen auch ihr.
Jedenfalls hatte ich voll den guten Plan. Deshalb hab ich Lotta in der Geschichtsstunde bei der beknackerten Frau Kackert zugeflüstert, dass ich nachher zum Zahnarzt muss. Das war aber keine Lüge, sondern bloß Heimlichkeit, weil: Ich wollte sie überraschen! Gleich nach dem Mittagessen hab ich mir deshalb die Taschen mit Hundekeksen vollgestopft, Kalle von Omaramona abgeholt und dann bin ich schnell zu Lotta gerannt. „Überraschung!“, hab ich geschrien, als sie die Tür aufgemacht hat, und da war sie wirklich überrascht.
Also, Überraschung gelungen, würde ich sagen!
Danach sind wir gleich zum Tierheim gelaufen. Anton hat sich auch voll gefreut, als er Lotta gesehen hat. Er hat so süß gefiept und ist am Gitter hochgesprungen. Weil, er kennt sie ja inzwischen schon voll gut und weiß, dass sie eigentlich schon fast sein Frauchen ist.
Lotta hat die Tierpflegerin gefragt, ob sie mit ihm Gassi gehen darf und das durfte sie. Aber als erstes hat sie ihn ganz doll geknuddelt, ohne so ein blödes Gitter dazwischen. Und Anton hat gejault vor Glücklichkeit und ihre Hände abgeleckt und mit dem ganzen Po gewackelt.
Danach sind wir mit unseren beiden Hunden in den Park gegangen. Ich hatte einen Gummiball dabei, mit dem wir geworfen haben. Und jedes Mal, wenn unsere Hunde den Ball dann zurückgebracht haben, haben sie zur Belohnung einen Hundekeks gekriegt.
Leider hat immer nur Anton den Ball zurückgebracht. Weil, er hat nämlich längere Beine als Kalle. Deshalb kann er schneller laufen. „Ey, das ist voll unfair“, hab ich mich bei Lotta beschwert, aber sie hat gesagt, dass Anton ja nichts dafür kann.
Trotzdem musste ich meinen Kalle trösten. „Du bist der allerliebste Hund auf der Welt“, hab ich ihm erzählt und ihn gestreichelt. Und dann hat er einen Keks gekriegt. Oder zwei.
Also, ich fand wirklich, dass ich die Überraschung gut hingekriegt hatte. Weil Lotta wieder gute Laune hatte und unsere Hunde auch.
Und als ich dann später wieder zu Hause angekommen bin, war Mami im Wohnzimmer. Da bin ich zu ihr gegangen und hab ihr gesagt, dass mir das voll leid tut mit der Kerze und der Gardine und dass sie mir das Geld für eine neue Gardine ruhig vom Taschengeld abziehen kann. „Aber nur für eine ganz billige Gardine. Und überhaupt hätte ich sowieso lieber ein Rollo, liebste Mami“, hab ich gesagt.
Da hat sie mich in den Arm genommen und gedrückt und gesagt, dass ich mir über das Geld für die Gardine keine Gedanken machen muss. „Viel schlimmer war der Riesenschreck, Cheyenne! Ich hatte Angst, dass unsere ganze Wohnung abbrennt … und noch viel mehr Angst hatte ich, dass dir und Chanell was passiert. Pass bitte mit Feuer ganz, ganz, ganz doll auf!“
Da hab ich Mami natürlich auch gedrückt und ihr versprochen, dass ich das mach. Weil, ich hab ja auch voll den Schreck gekriegt und will auch nicht, dass alle unsere Sachen verkokeln.
Und dann sind wir in die Küche gegangen, um ein paar Lebkuchen und Spekulatius zu essen. Ich hab die Kerze auf dem Tisch angemacht und aufgepasst, dass da keine Gardine oder sowas drüberhängt. Mami hat Chanell geholt.
Mann, hat die böse geguckt, als sie in die Küche kam. „Das stinkt voll nach Rauch in unserem Zimmer!“, hat sie gemeckert. Klar, dass die gleich wieder rumnörgeln musste!
„Ja, und du stinkst nach Einhornpipi“, hab ich da erst mal klargestellt und natürlich hat sie sofort losgeschrien, wonach ich stinke.
Aber Mami hat sie unterbrochen und gesagt, dass sie die Kerze gleich wieder ausmacht und die Kekse wegpackt, wenn wir nicht friedlich sind.
Und da waren Chanell und ich lieber friedlich. Weil, das passt ja auch viel besser zur Weihnachtszeit. Und ist auch viel gemütlicher als Streit und Zank.
Chanell hat angefangen zu erzählen, was sie sich alles zu Weihnachten wünscht, und ich hab ihr nicht gesagt, dass sie sowieso bloß eine halbe Gardine kriegt und sonst gar nix, weil kein Geld mehr für andere Geschenke da ist.
Das war ganz schön nett von mir, finde ich, aber zu Weihnachten muss man ja schließlich auch nett sein.
Plötzlich war mir voll weihnachtlich zumute. Weil, erst hab ich einen Lebkuchen gegessen und dann hab ich an den Schminktisch gedacht. Und an den Taschendrucker.
Und vor allem daran, dass Lotta ja ganz, ganz vielleicht doch noch mal ihren Anton geschenkt kriegt. Und das wär das Tollste überhaupt! Sogar noch toller als ein Schminktisch und ein Taschendrucker.
Frohe Weihnachten!!!